19. Juni, 17:30
Ein entlassener Angestellter irrt auf der Suche nach einer neuen Arbeit durch die labyrinthische Welt staatlicher Verwaltung. Hilfe verspricht ihm eine einflussreiche „Großmutter“ – ein Sinnbild für Vetternwirtschaft in einem System, das sich selbst erhält, aber niemandem dient. In My Grandmother (Chemi Bebia, 1929) entfesselt der georgische Regisseur Kote Mikaberidze ein visuelles Feuerwerk: eine wilde, satirische Abrechnung mit den autoritären Verwaltungsmechanismen der jungen Sowjetunion.
Was als Bürokratie-Groteske beginnt, entwickelt sich zu einem stilistisch entfesselten Mix aus expressionistischen Bildern, Stop-Motion-Elementen und rasanten Montagen. Doch hinter der formalen Ekstase liegt die düstere Geschichte eines Menschen, der seine Existenzgrundlage verliert und erkennen muss, dass im neuen System nicht Leistung zählt, sondern Nähe zur Macht.
„My Grandmother“ wurde wegen seiner offenen Systemkritik kurz nach der Entstehung verboten und verschwand für Jahrzehnte aus dem öffentlichen Blick. Heute gilt der Film als Meilenstein des georgischen Avantgardekinos: ein glänzendes Beispiel der künstlerischen Freiheit im Schatten politischer Kontrolle.
Regie: Kote Mikaberidze
65 Min, GSSR 1929, Stummfilm mit Texttafeln auf Georgisch und Englisch
Im Anschluss: Gespräch mit einem Gast, tba
Livemusik
Bella Comsom - Klarinette, Elektronik
Sebastian von der Heide - Drums, Perkussion
Wolfgang Pérez - Gitarre, Elektronik
Moderation, Text, Organisation und Recherche: Lara Neuhaus und Demir Licina
Die Vorführung ist in einem Kooperationsprojekt mit dem goEast Filmfestival entstanden. Studierende aus Köln haben das Festival besucht und bringen nun zwei Filme im Filmhaus Köln auf die Leinwand.