
Aleksander und ich waren eine kurze Zeit Arbeitskollegen in einem kleinen Berliner Kino, das es mittlerweile nicht mehr gibt, das war 2003, danach haben wir uns aus den Augen verloren. Erst 2017 trafen wir uns zufällig auf der Berlinale wieder und als ich ihm erzählte, dass ich jetzt selbst Filme mache, fragte er mich, ob ich nicht Lust hätte, etwas über ihn zu machen, er bräuchte eine Art Imagefilm für seine Homepage. Weil sich ein anderes Filmprojekt zerschlagen hatte, war ich froh über seine Frage, ich wollte unbedingt so schnell wie möglich wieder drehen. Ich arbeite hauptberuflich im fsk-Kino in Berlin, meine Filme mache ich nebenbei, ohne Zeit- und Erfolgsdruck und fast immer ohne Geld. Und weil auch Aleksander kein Geld hatte, um mich für meine Arbeit zu bezahlen, vereinbarten wir, dass jeder etwas davon haben sollte: er einen Film, den er für sich nutzen kann, und ich behalte die künstlerische Freiheit über die Gestaltung des Films. Ich sah das Filmprojekt als Gelegenheit, etwas Neues auszuprobieren: für diesen Film änderte ich meine bisherige Arbeitsweise und drehte zum ersten Mal ausschließlich vom Stativ.
Mich reizte es, den Entstehungsprozess eines Bildes von Anfang bis Ende zu begleiten und dabei zeitverschwenderisch statt effizient zu sein. Weil ich wegen meiner Arbeit im Kino nicht sehr flexibel bin, vereinbarten wir außerdem, dass er an dem Bild, dessen Entstehung ich mit der Kamera begleiten sollte, immer nur dann arbeitet, wenn ich Zeit habe, ihn dabei zu filmen. Meistens ging ich samstags in sein Atelier, schaute ihm bei der Arbeit zu und drehte ein paar Einstellungen, mittags aßen wir immer ein Schnitzel in der schönen Milchbar des ehemaligen DDR-Funkhauses, wo sich sein Atelier befindet. Aleksander braucht im Durchschnitt nur wenige Wochen für ein Bild. Wegen des Films und dessen Produktionsbedingungen dehnte sich die Arbeit am Bild auf ein dreiviertel Jahr.
| Regie | Sabine Herpich |
|---|---|
| Besetzung | Aleksander Gudalo |
| Produktion | DE 2018 |
| Länge | 45 Min |
| Sprachfassung | OV |
Arbeit strukturiert unser Leben: Sie prägt Körper, Routinen und Beziehungen, formt soziale Verhältnisse und hinterlässt Spuren in Räumen und Materialien. Zugleich bleibt vieles von ihr unsichtbar – ausgelagert, verlagert, verdrängt: in Produktionsstätten, privaten Haushalten und digitalen Oberflächen. Der Dokumentarfilm bewegt sich in diesem Feld nicht bloß als abbildendes Medium, sondern als ästhetisch-analytische Praxis, die Arbeitsverhältnisse sinnlich wie gedanklich erschließt, ihre Bilder und Narrative formt, Wirklichkeit mitgestaltet. Zugleich ist sie selbst Arbeit: verwoben mit den sozialen und materiellen Strukturen, die ihre ästhetischen Formen ermöglichen und begrenzen.
Das zweitägige Symposium WORK IN PROGRESS – REPRÄSENTATIONEN VON ARBEIT IM DOKUMENTARFILM (15./16. Januar 2026, Filmhaus Köln) widmet sich dieser doppelten Bewegung. In gemeinsamen Sichtungen, Werkstattgesprächen, Vorträgen und offenen Diskussionsformaten wird untersucht, wie dokumentarische Bilder Arbeit zeigen, historisieren, reflektieren und strukturieren — und unter welchen ökonomischen Bedingungen sie selbst hervorgebracht werden